In der Ratssitzung am 23. Februar 2021 wurde der Haushalt der Gemeinde Much – auch mit den Stimmen der SPD – beschlossen. Die Haushaltsreden wurden coronabedingt zu Protokoll gegeben; anbei die
Rede der SPD-Fraktionsvorsitzenden Katja Ruiters.
Anzumerken ist, dass der in der Rede angesprochen Antrag der SPD auf Aufnahme von Flüchtlingen aus Lesbos leider mit den Stimmen von CDU und FDP abgelehnt wurde.
„Heute reden wir über unseren Haushalt 2021; dennoch sei es mir gestattet, einige Anmerkungen zum Jahr 2020 vorab zu setzen. Im letzten Jahr - und leider auch noch in diesem Jahr - hat die Corona-Krise unser Leben dominiert und belastet.
Lockdown, Verschwörungstheorie, systemrelevant, Geisterspiele und "Bleiben Sie gesund!": Alles Begriffe, die weitaus mehr als nur unsere Sprache nachdrücklich verändert haben.
Vielleicht lernen wir aus der Pandemie, die persönlichen Anfeindungen, den Umgangston miteinander, verschiedene Inhalte und Prioritäten nicht mehr so scharfkantig auszutragen. Wir sind (wenn auch
gezwungenermaßen) ein wenig aufeinander zugegangen. Das Wohl unseres Zuhauses, das Wohl von Much stand in den letzten Sitzungen bei fast allen von uns im Mittelpunkt.
Nein, das bedeutet nicht, dass ich nun einen Kuschelkurs fahren will: Wir sind und bleiben in der Opposition, das bedeutet aber, dass Politik als Ehrenamt zumindest für mich wieder deutlich
erfreulicher ist.
Leider überhaupt nicht erfreulich ist unser Haushalt. Wie auch in den vergangenen Jahren bietet die Entwicklung unserer Finanzen mehr als Grund zur Sorge. Die Gemeinde Much ist Jahr für Jahr
gezwungen, mehr Geldmittel auszugeben als sie zur Verfügung hat: In diesem Jahr sind wir bei einem Haushaltsdefizit von 3,9 Millionen angekommen. Ich wiederhole jetzt nicht die bilanziellen
„Krücken“ unseres Kämmerers (er kann pandemiebedingt 1,7 Mio. isolieren, dann wären wir noch bei 2,28 Mio. und davon – schwupp - wird dann der globale Minderaufwand abgezogen, dann sind es nur
noch 2,23 Mio., schwupp kommen noch die Gewerbesteuerausgleichszahlungen und dann?).
Das ist doch nichts mehr, mit dem wir vernünftig und klug haushalten können. Nur damit wir hier nicht falsch verstanden werden, wir danken natürlich Herrn Salaske und seinen Mitarbeitenden für
diese sicher nicht vergnügungssteuerpflichtige Aufgabe.
Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, hier gibt es nichts zu beschönigen, wir müssen wieder auf die allgemeine Rücklage zugreifen und wieder schmilzt unser Eigenkapital. Laufende Ausgaben
müssen weiterhin aus Liquiditätskrediten in Millionenhöhe getätigt werden, und da können wir alle nur hoffen, dass der Zinssatz um Gottes willen nicht ansteigt.
Und hier haben wir das gleiche Drama wie in den letzten Jahren: Auf der einen Seite klagen wir zu Recht über die viel zu geringe finanzielle Ausstattung durch Land und Bund, wir klagen über die
erhöhte Jugendamts-Umlage des Kreises und über nicht gehaltene Versprechen.
Auf der anderen Seite kann es doch nicht sein, dass unsere Bürger*innen durch Hebesätze und Beiträge diese Suppe auslöffeln sollen.
Einen Ausweg aus der Spirale: “Kommune leistet: Refinanzierung Bund / Land kommt nicht an“, haben wir als Kreis SPD-Fraktion geöffnet. Wir werden dem Haushalt im Kreis nur zustimmen, wenn der
Kreis die KdU Mittel aus 2020 zum großen Teil an die Kommunen zurückzahlt. Das Geld gehört den Kommunen! Und auch die Separierung der Corona-Kosten und die Deckelung der Kreis-Umlage (nur die
Deckelung wären fast 500.000 Euro mehr in unserem Haushalt) sind Teil unserer Haushaltsanträge.
Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein realer Weg für Much, den Haushalt deutlich zu entlasten. Wie wäre das, wenn alle Mucher Kreistags - Abgeordneten ein deutliches Signal für ihre
Kommune setzen und dem Antrag zustimmen? Das, liebe Mucher Ratskolleginnen und Ratskollegen wäre dann tatsächlich ein Mucher Ausweg! Und das liegt allein in unserer Hand!
Als SPD Much haben wir bereits den deutlich höheren Personalkosten der Verwaltung zugestimmt, da wir denken, dass wir gute Arbeit nur erwarten können, wenn wir auch die dementsprechenden
Ressourcen freigeben. Statt auskömmlicher Finanzierung durch Land und Bund scheint immer mehr das Diktat der Fördergelder zu herrschen. Nur wenn wir hier gut ausgebildete Mitarbeitende haben,
werden wir uns auf Dauer in diesem Förder- Dschungel zurechtfinden können.
Wir alle haben Wünsche, wir alle haben Wahlprogramme, wir werden aber in Zukunft sehr genau Prioritäten festlegen müssen. Was ist noch leistbar, was können wir uns leisten?
Die jetzige Situation schränkt natürlich erneut die Handlungsspielräume der Kommunalpolitik ein. Und daher hier nur eine lose Aufzählung der von der SPD priorisierten Handlungsfelder:
Wir sind immer noch für einen sparsamen, behutsamen Umbau des Kirchplatzes. Wenn ich die Finanzen so sehe und mir den Kirchplatz anschaue, finde ich noch Möglichkeiten der Ersparnis. Was nützt
zum Beispiel die große Treppe (ja, ich weiß, sie ist jetzt etwas kleiner geplant, aber braucht Much diese Treppe, wenn wir ansonsten für Nichts Geld haben?) Und darf ich nochmal vorsichtig an den
Citymanager erinnern; brauchen wir den unter den jetzigen Voraussetzungen tatsächlich? Vielleicht sollten wir uns sogar von dem Projekt ganz verabschieden.
Wir sind für eine Mobilstation, am besten gekoppelt mit einem Carsharing-System. Geteilte Mobilität im PKW Bereich ist nun mal die Möglichkeit, einen Teil der Zweitwagen in den Haushalten zu
verringern. Den Klimawandel werden wir leider auch nicht zum Nulltarif bekommen, auch hier sind die geplanten Investitionen nötig und sinnvoll. Wichtig ist natürlich auch, das Umweltbewusstsein
zu schärfen und positiv zu motivieren. Daher freuen wir uns, dass alle Fraktionen signalisiert haben, unserem Antrag auf Ausschreibung eines Umweltpreises für junge Menschen zuzustimmen.
Alle Investitionen des Schulbereichs finden unsere uneingeschränkte Billigung: Es gibt nur eines, was auf Dauer teurer ist als Bildung: „Keine Bildung“ (John F. Kennedy)
Wir wollen gute und ausreichende KiTa-Plätze für alle Kinder in Much. Wir begrüßen daher die Investitionen der Gemeinde, gehen sie doch auch auf unsere Forderungen zurück. Wir werden sehen, ob
das ausreicht.
Vor allem aber muss Much eine soziale und offene Gemeinde bleiben. Dazu gehören die Förderung von bezahlbarem Wohnraum und die Unterstützung derer, denen es noch schlechter geht. Genau das ist
der Motor für unseren Antrag zur Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Lager Lesbos (Antrag 23.1. 2020), den hoffentlich heute alle Fraktionen unterstützen werden.
Wie gesagt, dies sind nur Auszüge dessen, was wir uns für die Gemeinde Much, für unsere Bürger*innen wünschen.
Das alles bezahlt sich nicht alleine, aber: wir können nicht jede Investition für die Zukunft unter dem Diktat der Finanzen aufgeben. Vielleicht schaffen wir es über Parteigrenzen hinweg, gute,
kreative und am besten kostensparende Ideen zu entwickeln. Wir sind dazu bereit und daher wird die SPD-Fraktion dem vorgelegten Haushalt zustimmen.
Ich wünsche uns ein positiv verlaufendes Haushaltsjahr 2021.“